Liebes Journal,
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Eine endgültige Mitteilung
meine Therapeutin kam vor zwei Monaten mit einer Info auf mich zu: Meine Therapie reiche noch bis ca. Mitte Q2 2023. Okay, danach müssen wir sehen, wie es weitergeht. Oder ob das Ende kommen solle. Ich solle doch bitte darüber nachdenken. Eine Entscheidung müsse her.
Bereits einen Monat später kam sie allerdings mit einer anderen Info: Meine Therapie mit ihr wird im April nächsten Jahres mit ihr enden, denn sie wird für mindestens ein Jahr nicht zur Verfügung stehen. Die Möglichkeiten wären ein Therapeutenwechsel, warten bis sie wieder da ist oder eben ein Ende der Therapie.
Ich blicke zurück…
Im Entscheidungsprozess habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was ich in meiner Therapie alles erreicht habe und ich habe festgestellt, dass ich allen Grund habe wirklich stolz auf mich zu sein. Hierbei rechne ich von meiner Krankschreibung 2020 bis zum heutigen Tage einfach mal zusammen.
2020
Nach dem verlorenen Glück in 2019 schaffte ich es noch mich bis August 2020 irgendwie über Wasser zu halten, doch dann wäre ich fast in den Gegenverkehr gefahren, weil ich „einfach nur schwärze“ sehen wollte.
Der Rest des Jahres war geprägt von einer Medikamenteneinstellung und der Therapeutensuche. Und Ruhe, viel Ruhe. Ich schrieb zu dieser Zeit recht viel, spielte viel Computer und starrte einfach nur Löcher in die Luft. Mein Mann hatte quasi durchgehend Angst um mich.
Aber einen Therapeuten fand ich nicht. Stattdessen endete das Jahr mit abgesagten Familienbesuchen und regelmäßigen Angstattacken.
2021
Das Jahr wird durch eine Achterbahn beschrieben. die ersten Monate vegetierte ich vor mich hin, ständig Angst vor den Anrufen der Krankenkasse: „Warum haben Sie immer noch keinen Therapeuten? Sie müssen sich halt schon etwas anstrengen. Sie werden ja auch bald ausgesteuert!“
Der künstliche Druck, der einen psychisch kranken Mensch hier von der Krankenkasse gemacht wird ist unmenschlich, gemein und ich hoffe das jeder dieser Mitarbeiter und der tatsächlich Verantwortlichen jedes Jahr genau das Karma erhält, das ihm zusteht. Auch wenn es „nur die Vorgaben sind“ die Wortwahl sucht sich jeder Mitarbeiter immer noch selbst aus.
Verzweifelt entschied ich mich letztendlich für eine Tagesklinik. Ein 8 Wochen Programm für Depression und Stressmedizin. Eine Therapie basierend auf Achtsamkeit. Und das war ein Glückgriff für mich.
Allerdings ließ ich mich in dieser Tagesklinik dazu überreden doch zurück zu dem Arbeitgeber zugehen, der eine Mitschuld an meiner Krankheit trug. Ich dachte noch es wäre vielleicht die richtige Stelle, ich müsste meine Einstellung nur ändern.
Außerdem meldete sich zu dieser Zeit meine Therapeutin, die jetzt doch überraschend Kapazität hätte mich für eine ambulante Psychotherapie. Für mich fühlte es sich alles „richtig“ an.
Doch stattdessen ließ ich mich wieder ins Hamsterrad ziehen und nach einem Rückfall und Streit mit meinem Mann begann ich mich auf andere Stellen zu bewerben.
2022
Obwohl ich in vielen Punkten in diesem Jahr die Achtsamkeit ein wenig links liegen ließ – was sich auch in dem nicht weitergeführten Blog widerspiegelte – machte ich innerlich und äußerlich Fortschritte. Inzwischen bin ich ruhiger, zufriedener und kann wieder lachen. Von den innerlichen Konflikten wegen meinem verlorenen Glück habe ich mich weit genug erholt um es einen neuen Versuch ins Auge zu fassen und wir haben Pläne die einen Umzug beinhalten.
Wenn ich in eine meiner „Phasen“ – sei es nun Trauer, Panik oder Wut – komme, habe ich Skills mich da wieder raus zu holen. Ich lasse mich weniger von den Gefühlen übermannen und wenn es doch passiert, gerate ich nicht in einen Strudel aus Scham und Selbstmitleid.
Ich weiß was ich wert bin, das ich liebenswert bin und das ich erreichen kann was ich will.
(Und ich habe 10kg abgenommen.)
Der Kloß im Hals
Allerdings merkte ich, wie schwer der Grund war, wieso mich meine Therapeutin nicht weiter behandeln kann. Wieder einmal bekam jemand dieses Glück, dass mir verwehrt wurde. Und tatsächlich knabberte ich dort einige Tage dran, doch ich schaffte es völlig logisch zu sehen, dass auch in noch Zeit habe. Das ich bis jetzt brauchte um überhaupt soweit denken zu können, das ich vorher gar nicht bereit gewesen wäre es erneut zu versuchen.
Auch heute ist es für mich immer noch schwer zu ertragen, wenn mir jemand sagt, dass er schwanger ist und ich ziehe mich dann eine Weile von diesen Menschen zurück. Bei meiner Therapeutin habe ich diese Möglichkeit nicht.
Die Entscheidung steht fest
Nichtsdestotrotz steht meine Entscheidung fest:
Ich werde das Jahr 2023 ohne Therapie weitermachen, sobald meine Stunden aufgebraucht sind oder meine Therapeutin weg ist. Ich fühle mich stabil, sicher und geborgen in meiner jetzigen Umgebung.
Der Weg der noch kommt
Doch was bedeutet das für mich und für meinen weiteren Weg jetzt?
Zunächst einmal bedeutet es, dass ich mich selbst wieder mehr um meine Reflexion kümmern muss. Ich habe keine Person mehr, die mich einmal die Woche mit der Nase darauf stößt. Das muss ich jetzt selbst machen.
Auch muss ich mich selbst animieren die Achtsamkeit und meine Ziele weiterzuverfolgen.
Ich möchte abnehmen und es klappt nicht.
Was hindert mich daran dieses Ziel zu verfolgen und wieso bin es im Grunde genommen nur ich selbst?
Ich gerate immer wieder in Grübeleien, Stress und Wut.
Wo genau drückt es gerade tatsächlich und welches Problem liegt meinem Verhalten zu Grunde?
Natürlich gibt es Einflüsse, die von Außen kommen und ich kann sie im seltensten Fall ändern. Aber es ist meine Entscheidung wie ich auf mein Umfeld reagiere in mindestens 90% der Fälle. Gerate ich in Panik oder lasse ich mir einfach die Zeit die ich brauche mit einer Aufgabe. Diese Kontrolle über meine Gefühle ist denke ich das größte Geschenk der Therapie der letzten Jahre, dass ich mir selbst gemacht habe.
Was für eine Erkenntnis. Ich bin liebenswert und ich habe die Kontrolle über meine Handlungen, Reaktionen und Gefühle.
Und damit kommt gut in das Jahr 2023 ihr alle.
Ihr seid liebenswert. Ihr seid selbst bestimmt. Ihr seid nicht alleine.
Eure Kaffeehamster/Laura

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